# Kuhfuss ist ein anderer Name für Brechstange # |   | |
  | Ein Traum? Wirklich? |
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  | Jetzt sitzen wir hier. Zu zweit. In diesem Schrank, der für einen schon zu klein ist. Saublöde Sache, das. |   |
  | Mein Cousin Steffen hatte gesagt, dass die Bewohner verreist sind. Das wusste er so genau, weil ein Freund von ihm das von den Bewohnern ganz genau gehört hat. Wir beide haben zur Zeit überhaupt gar kein Geld, und dann wird man schon mal unvorsichtig, selbst wenn man feige ist wie ein Pfeifenreiniger - wie ich also. |   |
  | "Ist doch gar kein Problem," sagt er, "wir gehen da rein, nehmen die Klunkern und sind wieder verschwunden, bevor die Nachbarn das Licht anmachen können." |   |
  | "Wir gehen da rein" klang wie aus einem deutschen Fernsehkrimi aus den achtziger Jahren, "Klunkern" nach einem aus den sechzigern. Ich weiss nicht, wo er das her hat, keiner unsererer Verwandten redet so. Ich kenne überhaupt niemand, der so spricht. |   |
  | Wir fuhren mit meinem Auto hin, Samstag nacht, weil die Leute von Samstag an weg sein sollten, keine Ahnung, wie lange genau. Die Siedlung lag im Grunewald, am armseligen Ende vom Grunewald. |   |
  | Ja, der Bezirk Grunewald hat auch armselige Ecken. In diesem Fall eine Laubenkolonie, an der Rückseite der AVUS, hinter dem Bahndamm, neben ein paar Tennisplätzen. Eine Kolonie, die von vereinzelten Wohnhäusern durchsetzt ist, weil die Lauben im Lauf der Zeit immer stärker befestigt wurden, bis sich eine Art Haus ergab. "Befestigt" ist in diesem Zusammenhang der ungemein zutreffende Ausdruck, weil Berliner Laubenkolonien sowieso immer etwas von Hochsicherheitstrakt an sich haben. Schon der Zugang zur Kolonie durch ein Zauntor, Stacheldraht darauf, auch wenn das Tor nur bis zur Brust reicht. Statt der Überwachungskameras gibt es hier Laubenpieper, die noch zuverlässiger arbeiten und auch keinen toten Winkel haben. Ausser nachts. Nachts ist es totenstill - nun ja, mal abgesehen vom Gekläffe der Hunde. Allenfalls bis zwei Stunden nach Sonnenuntergang wird noch gegrillt. Aber dann schläft wirklich alles - hundertprozentige Garantie. Und auch nur im Sommer, am Wochenende. Wenn man sich auf irgendwas verlassen kann, dann sind es Laubenpieper. |
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  | Wir hatten die Adresse vom Haus bekommen: Mitten innerhalb der Kleingartenanlage. In die Kolonie kommt man durch eine schmale Strasse, die in einer Sackgasse endet. Dort hört sogar der Strassenbelag auf und endet in Sand, Gras und Selbstjustiz. Für solche Strassen fühlt sich das Bezirksamt nicht sehr zuständig. Die Laubenpieper sind nicht mal böse darüber - ein Grund mehr, selbst Sherrif zu spielen. Fehlt nur ein schwarz-gelbes Schild "Hier endet das staatliche Gewaltmonopol!" |   |
  | Aber auf der rechten Seite sind einige Parkplätze mit Rasengittersteinen angelegt. Der Rest dient als Wendeplatz, dahinter das obligatorische Tor im obligatorischen Zaun. Mit noch obligatorischeren Hinweisen zu Privatgelände, Unbefugten, Radfahren und allen Verboten, die in einer Laubenkolonie Rang und Namen haben.. |   |
  | Beim Haus handelt es sich um die klassische Beleidigung des Auges. Einer der sogenannten Bungalows aus den siebziger Jahren: Irgendwie haben es die Laubenbesitzer geschafft, ihre Nissenhütte quasi für die Ewigkeit zu zementieren, also Wand für Wand durch ein massives, gemauertes Äquivalent zu ersetzen, Gebäude mit Flachdach. |   |
  | Normalerweise ist Dauerwohnen in Laubenkolonien verboten, das wurde aber nicht überall konsequent genug verhindert, durch Sprengung etwa. Deshalb findet man hier jetzt eine Dauerausstellung der Top-Ten-Baumarktexzesse der letzten 30 Jahre. Länger gibt es ja Baumärkte noch nicht. |   |
  | Baumarkt-Abszesse wäre auch nicht falsch: Weisse Klinkerverblender, Laubenpieperwohlstand. So stabil, wie das hier steht, ist es wahrscheinlich sogar genehmigt. |   |
  | Woher ich das weiss? Ich bin Bauingenieur, Hochbau. Genauer gesagt: War ich mal, vor der Krise. Zur Zeit halte ich mich mit Jobs über Wasser: Komparserei, Umzugshilfe, keine Einbrüche - bisher. Aber es gibt für alles ein erstes mal. Besonders, wenn das soooo einfach ist - oder zumindest einem so geschildert wird. |   |
  | Nur im Augenblick wäre mir lieber, ich hätte einen balkanischen Profikiller an meiner Seite und nicht meinen naiven Cousin, der glaubt, dass er irgendwo rein geht. |   |
  | Samstag nacht, es ist kurz nach zwei. Zum Glück ist zwischen lauter geparkten Spiesserkarren einer der Parkplätze frei und wir müssen nicht so weit laufen. Unser Tip sagte, dass wir das Haus durch die Terrassentür auf der Rückseite betreten können, die sei nicht richtig gesichert. Wir klettern also vorsichtig über den Maschendrahtzaun mit der Dornenkrone, gehen am Haus vorbei, durch eine zweite Zauntür auf die Rückseite und hebeln mit einem Kuhfuss die Tür auf, kein Problem. |   |
  | Drinnen suchen wir "Wertsachen". Da fällt mir wieder auf, auf welchen Unsinn ich mich hier eingelassen habe: Mein Cousin hat noch weniger Vorstellung von "Wertsachen" als ich. Was kann man wohl schnell in Geld umsetzen und wo sucht man danach? Mir fallen etliche Porzellanfiguren auf: Sowas ist wertvoll - aber schwer zu transportieren. Nicht schlecht für Laubenpieper. Naja, bestimmt geerbt. Haben die keinen Goldschmuck, Silberbesteck, Uhren? |   |
  | Haben sie möglicherweise: Steffen hat den Tresor entdeckt. Der ist aber verschlossen - so ein Zufall. Wie kommen wir da jetzt "rein"? Gewalt? Mir fällt nichts anderes ein, Krimineller, der ich jetzt bin. Steffen setzt den Kuhfuss an. |   |
  | Ich glaube es nicht! Mit dem Kuhfuss in den Tresor wollen - dieser Depp! Eher hebelt er den Tresor damit aus der Wand, als ihn aufzumachen. Diesen Tresor allerdings nicht: Diesen weder noch. |   |
  | "Lass uns gehen und morgen mit Schweissgerät wiederkommen". |   |
  | "Bist Du wahnsinnig? Wir haben's fast!" |   |
  | "Versteh doch: Wir kommen nicht weiter!" |   |
  | "Wir sind fast drin! Nur noch ein paar Minuten" |   |
  | In diesem Moment hören wir Geräusche: Verdammt, da kommt jemand! Im Flur geht das Licht an. Panisch sehen wir uns um: Der Tresorraum hat nur ein kleines Fenster mit Blumen davor, und einem Gitter aussen dran. Wir schleichen durch die Küche in den Nachbarraum: Der Hauswirtschaftsraum. Hier steht ein Blech-Schrank, der für einen schon zu klein ist. Wir beide gehen da drin in Deckung und warten ab. |   |
  | Das Abwarten zieht sich. |   |
  | Was sind das für Laubenpieper? Wollen die nicht mal schlafen gehen? Und überhaupt: Ich dachte, die sind verreist! Oh Steffen, Du und Deine Tips! Du Depp! Hat wieder einer deiner Saufkumpane mit ernster Miene eine Schauergeschichte vorgetragen und du hast alles geglaubt. Verdammter Depp! Und ich sitze mit drin! Buchstäblich. Hier im Schrank. |   |
  | Aber mal ehrlich: Die müssen doch mal schlafen gehen! Wie lange wollen die noch rumoren? |   |
  | Jetzt werkeln sie in der Küche. Es gibt wohl Rührei. Ich hab Hunger. Wir sitzen in einer Art Spind. Durch die Lüftungsschlitze kann man sehen, dass es draussen wieder hell wird. Verdammte ...! |   |
  | Und die Hausbewohner rumoren weiter, unterhalten sich in der Küche, diskutieren, Flaschen klirren. Wir kommen hier nicht unbemerkt raus, weil der einzige Ausgang dieses Raumes durch die Küche führt. Jetzt geht auch noch das Licht hier im Raum an! Oh mein Gott! Hoffentlich...! Aber der Hausbesitzer holt nur eine neue Flasche und verschwindet wieder. Die Party geht weiter. |   |
  | Ich muss eingenickt sein - wahrscheinlich der Sauerstoffmangel in unserem Schrank. Mein Cousin schüttelt mich: "Jetzt ist es still! Lass mal abhauen!" |   |
  | Ich lausche vorsichtshalber, aber es ist still. Vorsichtig verlassen wir den Schrank, draussen ist es taghell, ist ja auch schon acht. Haben die wirklich bis acht Uhr gesoffen? Steffen meint, dass ja, also eigentlich bis halb acht, und noch etwas Sicherheitspolster, bis es endgültig ruhig war. |   |
  | In der Küche: "Riechst Du das?" |   |
  | Klar rieche ich das: Die Schluckspechte haben nicht schlecht gewütet. |   |
  | Ich schleiche Richtung Ausgang, aber Steffen hält mich - "wir müssen was mitnehmen!" |   |
  | "Bist Du wahnsinnig?" |   |
  | "Jetzt sind wir schon mal hier - und die Leute sind hackedicht, ich hab's genau gehört." Er gibt sich nicht mal Mühe, leise zu sein. Ich will raus, aber seine Entschlossenheit ist ansteckend. Als wir am Schlafzimmer vorbeikommen, geht er hinein. Dort liegen totengleich zwei Leute und schnarchen laut. Es riecht nicht einfach nach Alkohol: Würden wir hier drin ein Streichholz anmachen, gäb's eine Explosion. Steffen zupft den Mann am Ärmel und hebt seine Hand hoch, sie fällt wieder runter. Der Typ ist buchstäblich bewusstlos - sinnvolle Freizeitgestaltung. |   |
  | Na schön. Das einzig wertvolle, was ich finden konnte, war das Porzellan. Ich wickle zwei weniger filigrane Figuren in Papier und stecke sie in eine Tüte. Steffen gefällt eine grauenhafte vergoldete Jahresuhr, so eine mit drehendem Gewicht unten und darübergestülptem Eieruhrglas. Ich zerre ihn weg. "Das Ding ist nichts wert. Lass das hier!" |   |
  | "Nein, das ist Gold!" |   |
  | "Du Idiot, das Massenware aus Industrieproduktion! Ausserdem geht das Glas sofort kaputt." |   |
  | Ich will nach draussen zur Terrasse und mache die Tür auf - da kommt ein Köter angefegt und kläfft. Ich mache die Terrassentür wieder zu. Mist, der war doch vorhin noch nicht da. Daher auch die zweite Tür im Garten, so kann er nicht jeden Fussgänger angiften. Anscheinend sind auch Laubenpieper nicht unbegrenzt belastbar. Müssen wir wohl vorne raus, warum auch nicht. Ich öffne die Tür und trete nach draussen, Steffen ist nochmal zurück. "Komm jetzt!" rufe ich rein. "Ja, gleich." |   |
  | "Ah, die Handwerker, immer früh fleissig!" |   |
  | Oh Mann! Mann mit Hund, direkt vor der Haustür. Ich versuche, um ihn herumzugehen, aber er lässt nicht locker: "Na, was gab's denn bei Schröders zu reparieren?" |   |
  | Ich stottere. Wegen unserer blauen Overalls hält er uns wohl für Handwerker - Sonntag morgens um acht, das findet er nicht ungewöhnlich. Laubenkolonie! |   |
  | "Tut die Klimanalage wieder nicht?" |   |
  | "Ich, äh..." |   |
  | Die Tüte in meiner Hand irritiert ihn nicht. |   |
  | "Sind sie Elektriker?" |   |
  | Das muss er an der Tüte erkannt haben: Jeder Elektriker sollte immer eine Werkzeugtüte bei sich haben, mit grossem Aufdruck PENNYMARKT. |   |
  | "Ja, äh, die Klimaanlage, ein Notfall!" Hatten die überhaupt eine Klimaanlage? In unserem Schrank war noch nicht mal Luft. |   |
  | In diesem Moment rennt mich Steffen von hinten um. Für kurze Zeit irritiert, erfasst er die Situation ziemlich schnell - in sowas ist er immerhin gut. |   |
  | "Können sie meine auch gleich mal nachsehen?" |   |
  | "Bitte?" |   |
  | "Meine Klimaanlage will auch nicht so - die Zeitschaltuhr, wissen sie." Der lässt nicht locker. |   |
  | "Äh, ja. Wir - wir sind jetzt nicht so die Spezialisten für Zeitschaltuhren, mehr äh ... mehr so ...." |   |
  | Wie werden wir die Nervensäge jetzt wieder los? |   |
  | "Wir müssen dringend weiter. Notdienst. Sie wissen schon." |   |
  | Steffen, wie mir, war wohl klar, dass wir nicht zurück zu unserem Auto gehen konnten: Es wäre nicht schwer gewesen, den entdeckten Einbruch, meine Wenigkeit beim Verlassen des Hauses und mein Autokennzeichen in Zusammenhang zu bringen. |   |
  | "Ja, wir müssen noch ein Aufmass machen. Da vorne, für ein Angebot." |   |
  | Das klang im ersten Moment professionell - kurze Zeit später wird mir klar, dass wir nur tiefer im Sumpf versinken. Mann-mit-Hund lässt nämlich immer noch nicht locker. Hat sich offenbar die Beiss-Starre bei den Pitbulls abgekuckt und auf Laubenpieperverhältnisse übertragen: |   |
  | "Da vorne, bei den Neubauten? Ich komme gleich mit, die wollte ich auch schon immer sehen." |   |
  | Am Eingang zur Sackgasse stand eine Reihe Häuser im Rohbau, habe ich gesehen.. |   |
  | "Ja, wissen sie, ich glaube nicht, dass sie dort mit hineindürfen. Die Sache mit den Unbefugten." |   |
  | "Oh, ja, schade. Ich warte so lange hier draussen." |   |
  | Der ist klebrig wie ein Fliegenfänger. Wie kriegen wir den wieder von der Backe? |   |
  | Erstmal reingehen, am Sonntag morgen wird ja niemand da drin arbeiten. Aber es gibt keinen einfachen zweiten Ausgang nach der anderen Seite, wir müssen erst etwas freiräumen. |   |
  | Denken wir. So weit kommen wir leider nicht. Da kommen nämlich Leute. |   |
  | Hauskäufer und ein Makler wollen das Haus besichtigen. Am Sonntagmorgen, kurz nach acht! |   |
  | "Ach, die Handwerker. Immer fleissig!" |   |
  | Wo bin ich hier hingeraten? Die finden es alle selbstverständlich, dass ein Handwerker am Sonntagmorgen kurz nach acht ernsthaft seiner Tätigkeit nachgeht. |   |
  | Das einzige, woran ein Bauhandwerker Sonntagmorgens kurz nach acht denkt, ist sein Frühstücksbier, vielleicht. |   |
  | "Ja, äh, nur kurz, wir müssen nur ein Aufmass machen." |   |
  | "Was planen sie denn hier so besonderes?" |   |
  | "Ich äh... Steffen, hast Du's im Kopf?" |   |
  | Steffen ist wirklich Elektriker, jedenfalls hat er das mal gelernt. |   |
  | "Och, naja, elektrische Rolläden, Zauntor, Whirlpool..." |   |
  | "Keine Klimaanlage?" |   |
  | Ist das Hauskäuferhumor? |   |
  | "Ja, auch. Selbstverständlich, Klimaanlage!" |   |
  | Klimaanlage? Haben die noch andere Hobbys als ihre Häuser auf arktisches Niveau zu kühlen? Verdammt, wie kommen wir hier ohne Aufsehen wieder weg? Drinnen debile Hauskäufer, draussen debile Hundehalter, in der Mitte zwei debile Einbrecher in blauen Overalls, jeder mit einer Tüte in der Hand - Steffen konnte die blöde Uhr nicht stehenlassen. |   |
  | "Oh, hast Du eigentlich das Massband mitgebracht?" |   |
  | "Wer ich? Nein. Ich dachte Du?" |   |
  | "Müssen wir wohl nochmal zurück zum Auto." |   |
  | Noch nie hat jemand dieses Stück so glaubwürdig gespielt wie wir beide in diesem Moment. |   |
  | "Ja, ich komme mit, ich habe mir auch was ganz falsches eingesteckt. Naja, so früh am..." |   |
  | Steffen stösst mich in die Seite. "Wir sind gleich wieder da." |   |
  | Aber draussen wartet ja noch das debile Hundeherrchen. |   |
  | "Ah, jetzt haben sie Zeit, nicht?" |   |
  | Der lässt nun wirklich nicht locker, dagegen waren die Hauskäufer ein Kinderspiel. |   |
  | "Hm, nein, noch nicht fertig" murmeln wir, haben nur keine Idee, können aber ja auch nicht einfach zu Fuss nach Hause gehen, das würde sicher auch auffallen, ein Handwerker ohne Auto, wer glaubt das schon? Dann könnten wir uns genausogut als Ausserirdische verkleiden und zum Empfang des Bundespräsidenten gehen. |   |
  | Aber Steffen hat einen lichten Moment. Wir kommen an einer Hundetrainingsanlage vorbei. Dort ist voller Betrieb - Sonntagmorgen, kurz vor halb neun, lernen Hunde korrektes Gehorchen und Herrchen korrektes Befehlen. |   |
  | Ich muss mich so langsam entscheiden, wem ich mehr Verachtung zuteil werden lasse: Den humorigen Hauskäufern oder den ernsthaft bemühten Hundehaltern? |   |
  | Wir bleiben mit unserem Hundehalter dort stehen und Steffen heuchelt gekonnt "Moment, ich sehe immer so gerne zu." Das meint er nicht ernst, weiss ich. Wenn er irgendwas genauso hasst wie ich, sind es Hunde. Wir stehen also zu dritt mit Hund vor dem Zaun und sehen ergriffen dem dortigen Treiben zu. |   |
  | In diesem Moment büchst ein Hund aus. Eigentlich tut er, wie ihm geheissen: Er springt über eine Mauer, aber es ist die falsche Mauer. Der Köter ist drüber - und weg. Die Anlage hat dort nirgends einen Ausgang und Hundehalter und Hundetrainer kucken ziemlich dämlich, der treuherzige "Sonst-tut-er-das-nie"-Blick, tausendmal geübt. |   |
  | Unsere Chance! Steffen sagt: "Moment, der kommt schon zu mir, mit sowas kenn ich mich aus" und rennt in der Richtung, in der der Köter verschwunden ist. |   |
  | Ich rufe unserem nervigen Hundehalter und denen drinnen zu: "Mit sowas kennt er sich aus, wir haben ihn gleich wieder!" und stürze hinterher. |   |
  | Anschliessend laufen wir etwa eine halbe Stunde in verschärftem Joggingtempo durch den Grunewald, bis wir endgültig fertig sind. Der Köter ist uns scheissegal - wir haben ihn unterwegs nicht einmal gesehen, der Teufel soll sie alle holen. |   |
  | Wir gehen einen ziemlich langen Weg bis zur nächsten Haltestelle und fahren mit dem Bus zu mir nach Hause. |   |
  | "Wir müssen mein Auto noch abholen." |   |
  | "Lass das doch erstmal da stehen." |   |
  | "Das fällt aber auf, wenn es zu lange da steht. Die kennen sich doch alle. Jeder weiss, wem was gehört. Und meine rostige Blechdose zwischen all den gewienerten Spiesserkarren. Der Wagen muss da weg!" |   |
  | "Schön." |   |
  | "Aber erstmal muss ich irgendwie da hin." |   |
  | "Ja." |   |
  | "Bald!" |   |
  | "Nee, heute kann ich nich mehr." |   |
  | Super, auf Steffen kann man sich verlassen. |   |
  | "Ich bitte Klaus, dass er mich fährt." |   |
  | Klaus fährt mich. Ich muss ihm ja die Details nicht erklären, aber weil ich mich in der Dunkelheit doch sicherer fühle, fahren wir erst abends, meine Furcht, wieder dem Hundehalter zu begegnen, hat sich im Lauf des Tages zu einer soliden Paranoia gefestigt. |   |
  | Als wir in die Sackgasse einbiegen, kommt gerade ein Einsatzwagen der Bullerei heraus und biegt in die Hauptstrasse ein. Ich erschrecke. |   |
  | Ich erschrecke noch mehr, als ich sehe, dass der Platz völlig leergefegt ist und dort nur noch ein einziges Auto steht: Meins. Laubenpieper fahren ja am Sonntag abend kollektiv nach Hause. Aber sie hinterlassen selten grüne Zettel an der Scheibe. |   |
  | Das wars dann, denke ich mir. Auf dem grünen Zettel steht irgendein Paragraf, mit schönen Grüssen vom PolPräs*, und die Unterschriften vom POM** und der PAngVÜD***. Super, war ja nicht schwer, einen Zusammenhang zwischen Einbruch, rasender Rostlaube und verwierrten Elektrikern herzustellen. Naja, wenn ich schon in den Knast komme, ist es wohl besser, wenn mein Auto so lange bei mir zu Hause vor der Tür steht. Ich fahre damit heim. |   |
  | (* das sind: Ein *PolizeiPräsident, ein **PolizeiOberMeister und eine ***PolizeiAngestellte-im-VerkehrsÜberwachungsDienst® ) |   |
  | Aber vorläufig passiert nichts. Ich fahre nach Hause und rühre das Auto eine Weile nicht an, als wäre es an meinem Unglück schuld oder hätte eine ansteckende Krankheit. Aber die ganze Weile lang passiert nichts. |   |
  | Irgendwann müssen die sich doch mal melden, denke ich so bei mir. Aber die melden sich nicht: Weder die Strafverfolgungsbehörden, noch die Hausbesitzer oder Hundehalter. Mein Cousin Steffen auch nicht, seit ich ihm wegen seines todsicheren Tips den Kopf gewaschen habe. Dieser Depp! |   |
  | Nach einigen Wochen fahre ich wieder Auto. |   |
  | Noch einige Wochen später kommt Post vom PolPräs. Ich habe den Vorfall schon nahezu erfolgreich verdrängt und werde nun schmerzhaft dran erinnert. Nachdem ich den Brief einige Tage abgelagert habe, wage ich es doch, ihn zu öffnen. |   |
  | "Machen wir sie darauf aufmerksam, dass der Termin der technischen Hauptuntersuchung ihres Kraftfahrzeuges..." Au mann, die Karre musste vor drei Monaten zum TÜV! |   |
  | Später höre ich auf Umwegen doch noch von unserem Tipgeber und den Hausbesitzern: Die haben den Diebstahl nicht mal bemerkt und dachten, sie hätten die Sachen im Suff zerstört. Folgerichtig glaubten sie, sie hätten in ihrem Rausch die Scherben dann auch noch ordentlich zusammengefegt. Eigenheimer in Kleingartenanlage! |   |
  | Mein Porzellan habe ich beim langen Laufen in der Tüte zu grobem Porzellansplitt verarbeitet. Steffen hat die scheussliche Uhr doch tatsächlich heil nach Hause gebracht - nur der Draht des Drehgewichts war gerissen. Man kann ihn auch nicht nachkaufen. |   |
  | ... und die Geschichte ist wirklich nur erfunden ... |
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© 2004 Carsten, der <°((( ~~< |